„Die Straße gleitet fort und fort, weg von der Tür, wo sie begann.“
Mit diesen Worten verabschiedet sich Bilbo Beutlin singend von seiner Heimat in Tolkiens Epos „Der Herr der Ringe“.
Vor elf Monaten habe auch ich eine Reise begonnen, die ich genannt habe „Ich möchte Jesus 2017 mehr lieben als 2016“. Getrieben von der Unzufriedenheit mit dem eigenen geistlichen Leben und motiviert durch eine tiefe Sehnsucht nach „Mehr“ von Gott, war ich bereit einen neuen, unbekannten Weg einzuschlagen. Mein Ziel war es, den Glauben von meinem Kopf in mein Herz zu bekommen, die eigene Tradition (sofern zur verkrusteten Form erstarrt) abzulegen und eine leidenschaftliche Jagd nach Gott zu beginnen. Leidenschaft und Liebe als Entscheidung meines Willens. Ich war bereit, Strapazen auf mich zu nehmen und zu kämpfen. Dieser Weg ist jetzt zu Ende, und hat doch erst angefangen. Denn: wer Jesus beginnt, lieben zu lernen, wird nicht mehr davon loskommen! Zuviel ist passiert: in meinem Innern, in meiner Familie, im Umfeld meiner Bekannten und Freunde, in Bremen und unserem Land. Wer aufmerksam ist, merkt schnell: Gott handelt im Hier und Jetzt. Dazu verwendet er Leute, die ihn leidenschaftlich suchen. Aber alles der Reihe nach.
Ich hatte mich im Dezember 2016 entschlossen, das Buch „Kontemplative Exerzitien“ des ehemaligen Jesuitenpaters Franz Jalics durchzuarbeiten um einen kontemplativen Lebensstil des Betens und Fastens einzuüben. Hintergrund war die vage Ahnung, dass das Leben vieler Gottesmänner und -Frauen in der Geschichte der Kirche geprägt war von Stille und Gebet und dass gleichzeitig zumeist diese Männer und Frauen entscheidenden Einfluss auf ihre Gesellschaft hatten und auf Viele eine besondere Faszination ausübten. Ich beschloss zu glauben, dass ein starkes Leben in meiner äußeren Welt abhängt von einem starken Leben in meiner inneren Welt. Mit anderen Worten: Mein Leben im Hier und Jetzt hängt entscheidend davon ab, wie ich meine Beziehung zu Gott pflege. Hier wollte ich ansetzen und begann, die geistlichen Übungen, die ich in Jalics Buch las, en detail umzusetzen. Dies hat mich nun elf Monate lang beschäftigt- meistens sehr früh am Morgen- und Erstaunliches ist geschehen. Dabei war Jalics nur ein Puzzleteil von Vielen, die Gott in diesem Jahr für mich zusammengefügt hat. Ein weiteres Puzzleteil war das Fasten, das ich wöchentlich einhielt, einige Male auf ein paar Tage und einmal sogar auf achtzehn Tage ausdehnte Es ist schon spannend, was für eine „geistliche Waffe“ dieser Verzicht auf die eigene Stärke sein kann! Komisch, dass in unseren evangelischen/freikirchlichen Kreisen so wenig darüber gelehrt wird… Ein drittes Puzzleteil waren die unzähligen Bücher und Lehren, die ich in diesem Jahr gelesen habe um mich mit der Schönheit des Evangeliums und mit der Kraft Gottes in Leben und Lehre geistlicher Väter und Mütter zu beschäftigen. So lernte ich den Schatz mittelalterlicher Mystiker kennen (Joh. v. Kreuz, Theresa v. Avila, Jeanne Guyon, Th. v. Kempen), beschäftigte mich mit Luther und Calvin, las Hans Urs v. Balthasar, C.S. Lewis und Dallas Willard, studierte die Biografie von Jonathan Edwards und freute mich über die präzisen Lehren von Ch. Spurgeon, John Piper, Sam Storms, Dennis Johnson und Mike Bickle und fieberte den Neuerscheinungen der Gebetshausleiter Rainer Harter und Johannes Hartl entgegen. Alle (!) diese Autoren sprechen in aller (!) Deutlichkeit zum einen von der unabdingbaren Notwendigkeit der persönlichen Hingabe an Jesus Christus im Gebet und zum anderen von der unendlich faszinierenden Schönheit der Heiligen Schrift. Und tatsächlich: Je mehr ich im Gebet verweilte, desto wichtiger und verlockender wurde mir das Wort Gottes. Und je intensiver ich darin las, Bibelverse meditierte und auswendig lernte, desto selbstverständlicher waren meine Gebete von Bibel „durchdrungen“. Und noch etwas konnte ich beobachten: Meine Liebe zur Wahrheit Gottes inmitten meines Alltags wuchs: Im Zusammenleben meiner Familie, meiner Kollegen, im Zusammenhang mit Nachbarn oder Menschen, denen ich auf der Straße Gottes Wort mitteilen und für sie beten konnte. Ganz allmählich verschwand die Menschenfurcht und der Blick für die verlorene und erlösungsbedürftige Welt weitete sich! Was in 25 Jahren als Christ kein Hauskreis, keine Predigt, kein moralischer Appell zu leisten imstande war, war mir durch einen Lebensstil des Betens und Fastens wie von selbst gelungen: Gott hatte mich mit neuer Liebe und Leidenschaft beschenkt. Mit einem mal erlebte ich Gott als eine konkrete Realität, die sprach, führte, liebte, mahnte und versorgte. Die einzige Voraussetzung dafür war, dass ich mich auf die Suche danach gemacht hatte und IHM selbst kompromislos nachgejagt war. Und so erlebten wir als Familie tatsächlich neben Zeiten der Entbehrung, der Krankheit, des Verzichts und des hartnäckigen Gebets auch vielfach Zeiten der Versorgung, der Heilung, der finanziellen Wunder und der besonderen Nähe Gottes. Darüber hinaus tat Gott Großartiges in diesem Jahr in Bremen und erweckt gleichzeitig überall auf der Erde eine Generation faszinierender Heiliger, die in den Augen der Welt nicht zu beschreiben sind: anders, radikal, verliebt in Jesus! Wie schön, dass ich im Gebetshaus Bremen solche Menschen treffen kann, mit ihnen zusammen singen und beten und auf den Knien um diese Welt ringen kann. Ein Vorrecht!
Und so geht dieses Jahr zu Ende mit einem Gefühl, das schwer in Worte zu fassen ist. Es ist die Schönheit des Aufbruchs und gleichzeitig die Sehnsucht nach einem Ziel, das noch in weiter Ferne liegt. Gott nachjagen ist möglich, aber es ist kein Kurzstrecken- sondern ein Marathonlauf. Es fordert nichts mehr als das ganze Leben. Und so stehen bald neue Aufgaben an, Veränderungen, Wechsel. Vielleicht ein ganz neues Kapitel. Auf jeden Fall GLAUBENSSCHRITTE. Ein Blog erst oder später ein Buch….? Einstweilen lass ich IHN nicht mehr los, der mein Herz geraubt hat. Oder um es mit Bilbo Beutlin zu sagen:
„Und wohin dann? Ich weiß es nicht.“
Frank
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