Jesus mehr lieben (3)

Der innere Garten

Wie geht das: In Jesus bleiben? Diese Frage beschäftigt mich zusehends. Wenn Jesus seine Jünger mit seinem Bild vom Weinstock und den Reben dazu auffordert, in ihm zu bleiben (Joh. 15), dann darf die Frage erlaubt sein: Wie geht das eigentlich?

Ich glaube, dass in der Beantwortung dieser Frage eine wichtige, wenn nicht entscheidende Erkenntnis für uns Christen liegt, die wir nach kraftvollem Glauben, hingegebener Nachfolge oder um es mit den Worten Jesu zu sagen, „viel Frucht“ hungern und dürsten. In Jesus bleiben- heißt dies, das Richtige zu glauben, oder das Falsche zu meiden? Heißt es, sich in der Bibel auszukennen und bei kniffligen Auslegungsfragen Antworten zu haben? Versteh mich keiner falsch: Ich bin sehr für ein sicheres Bibelwissen, aber ein Wissen, das nicht mein Herz erreicht, wird in meinen Augen schnell zur Rechtgläubigkeit. Manchmal habe ich den Eindruck, unsere Gemeinden und Kirchen wissen schon genug: Bescheid über alles mögliche. Nicht zuletzt darüber, wie ich in den Himmel komme. Danke, das werde ich. Und erlöst bin ich auch, ja. In Jesus bleiben- ich merke, dass das Nachspüren dieses Geheimnisses ein Grundanliegen kontemplativen Gebets ist, zumindest hinsichtlich meines Jahresmottos „Ich möchte Jesus 2017 mehr lieben als 20

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16″. Und so begebe ich mich während der letzten Wochen auf eine erneute Reise zur Wahrnehmung meiner Hände, gemäß des vierten Kapitels aus Franz Jalics´ Buch „Kontemplative Exerzitien“. Hierbei überschneidet sich diese Zeit mit einer Fastenzeit von 17 Tagen, mit welcher ich mich einklinke in die Gebets- und Fastenaktion „Europe shall be saved“ (www.esbs.org). Beides gehört zusammen: innerliches Gebet und die Sehnsucht nach Gottes Handeln in dieser Welt, geäußert durch Fasten. So schenke ich Gott jeden Tag 30min zusätzlich zu meiner Fürbitte und Anbetung und begebe mich erneut in die Wahrnehmung meiner Handinnenflächen, die ich zusammenlege. Für alle, die meine Posts nicht von Anfang an verfolgt haben, sei gesagt: Dies ist KEINE esoterische Übung zur Selbsterlösung sondern eine bewusste Disziplinierung meiner selbst um Gott um seiner selbst willen zu begegnen, der ein Gott ist, der von sich sagt „da zu sein“. Nur ich bin es oftmals nicht. Ich kann mir Gottes Liebe nicht verdienen, aber ich kann trainieren, mich zu ihm hinzulieben, mit all meiner Unvollkommenheit. Ich kann üben, Gottes Stimme zu hören, ruhig und aufmerksam zu sein. Ich kann Gottes Gegenwart nicht erzeugen, aber ich kann alles mir mögliche tun, um seine Gegenwart vorzubereiten und zu empfangen. Die Wahrnehmung der ineinandergefalteten Hände ist ein Akt des Leerwerdens und Loslassens (interessant, dass dies mit der Fastenzeit zusammen fällt), aber auch des Empfangens und Bedürfens. Die Momente der Wahrnehmung sind unspektakulär und intensiv zugleich. Es ist das Gefühl, ganz da zu sein, mit und bei den Händen, alles Andere ist abgefallen und still. Ich befinde mich wie in einem stillen, einsamen Raum mit mir allein. Ich merke, wie beides zusammengekommen ist: Herz und Hände, Körper und Geist. Und ich merke, dass geistliche Übungen mich zu einem kontemplativen Lebensstil führen: ich bin deutlich ruhiger, fokussierter, setze meine Prioritäten anders, bin konzentrierter, fühle mich wacher und effektiver bei meiner Arbeit, ich liebe das Wort Gottes immer mehr, spreche tagsüber viel öfter Gebete, bete in Sprachen und bereite mich so auf gemeinsame Gebetszeiten und/oder den Gottesdienst vor, ich nehme an den gemeinsamen Lobpreiszeiten im Gottesdienst anders teil. Auch habe ich den Eindruck, dass ich mit der Zeit leichter in die Wahrnehmung des Augenblicks komme, so als würde ich immer mehr Übung darin bekommen. Und Gott redet. Niemals bisher in meinem Leben laut und mit Macht. Ich habe keine großen, gewaltigen Erscheinungen, Prophetien, Bilder oder Erlebnisse. Gott redet sacht und leise zu mir. Und er gibt mir Worte, die mich begleiten, manchmal tagelang, z.B. dieses hier: „Dir gefällt Wahrheit, die im VERBORGENEN liegt, und im GEHEIMEN tust du mir Weisheit kund.“ (Psalm 51,8)
Gott ist in meinem Leben bisher kein Laut-Sprecher sondern ein Gott der feinen und leisen Töne. Ich werde durch mein schwaches, kleines aber treues Gebet beschenkt mit einem inneren Frieden, der wirklich höher ist als alle Vernunft, einem ernsten Glück und einem mutigen Vertrauen, das mich mein Leben als gott-gegeben und erfüllt betrachten und verstehen lässt und das mir Liebe in mein Herz senkt und mir meine Identität offenbart. Ich weiß, wer ich selber bin und ich weiß, wer ER ist. Es hat etwas zu tun mit jenem geheimen Ort in meinem Innern, fernab von jeder Geschäftigkeit und jedem Anspruch von außen, es ist der Ort, den die Bibel „Herz“ nennt und sie findet ein wunderbares Bild dafür- den Garten (s. Hohelied). Dies ist der Ort, den ich in der Kontemplation und dem stillen Gebet aufsuche, wissend, dass ER mir dort begegnet und mich mit Wahrheit und Weisheit (=Erkenntnis Gottes) beschenkt. Dies heißt es für mich, in ihm zu sein (s.o.) Interessant ist auch, dass dieser Garten so häufig aus der Wüste entspringt (Hosea 2, 16-17), ein Ort, dem ich manchmal auch im Fasten sehr nahe zu sein scheine… Interessant, dass Gott seine Leute selbst dahinein führt, sie lockt, um sie dort zu beschenken, weil sie ihre Bedürftigkeit erkannt haben und sich nicht länger auf ihre eigenen Kräfte/Fähigkeiten/Leistungen berufen. In der Gemeinde beschäftigt uns zur Zeit eine Predigtreihe über die „Herrlichkeit Gottes“. Neben vielem Wertvollem und Richtigen (Herrlichkeit Gottes in seiner Schöpfung, der Bibel, seinem Sohn- erkannt und gewusst aus der Bibel) fügt mir das stille Gebet eine weitere Komponente hinzu, die mir für meinen Alltag hilfreich erscheint: Der Evangelist Johannes spricht davon, Gottes Herrlichkeit „gesehen“ zu haben (Joh. 1, 14) und Jesus selbst lädt seine Jünger ein: „Kommt und seht!“ (Joh. 1,39) und seine Herrlichkeit zu sehen: „Ihr werdet den Himmel offen sehen…“ (Joh. 1, 51). Es MUSS die Möglichkeit geben, die Herrlichkeit Gottes nicht nur abstrakt zu „verstehen“, sondern sie zu erleben, nicht punktuell, sondern immer wieder, denn das Ringen der biblischen Autoren um die Erkenntnis Gottes ist offensichtlich (z.B. Epheser 1, 17ff)! Das kontemplative Gebet ermöglicht es, in dieser Erkenntnis Gottes zu wachsen. Nicht schnell, nicht über Nacht, sondern langsam und stetig, immer mehr ein Stückchen. Und dieser Weg ist so kostbar! Es ist ein Weg heraus aus der Mittelmäßigkeit meines früheren christlichen Lebens (einmal bekehrt und alles ist gut). Gott hat uns nicht dafür geschaffen, dass wir in den Himmel kommen, sondern dafür, dass der Himmel in uns Gestalt gewinnt. Ewiges Leben fängt nicht erst mit dem Totenschein an, sondern beginnt hier. Jetzt. Es ist das Leben, dass der Auferstandene durch seinen Geist in uns bewirkt, weil ER selbst in uns wohnt. In meinem Garten. Deswegen mache ich mich auf zu ihm, immer wieder. Auch in den nächsten Wochen. Weil er mich verwundet hat, krank gemacht hat vor Liebe.

Bildnachweis: https://pixabay.com/de/oldtimer-2851452/

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