Hunger nach mehr

Die Frage darf erlaubt sein, dachten sich die Jünger von Johannes dem Täufer, als sie Jesus die Frage stellten: „Warum fasten deine Jünger nicht?“ (Matthäus 9,14) 

Die Frage darf erlaubt sein, denken viele Christen heute und kehren die Frage um: „Warum fastest Du eigentlich?“ Es ist eine gute Frage, die eine einfache wie radikale Antwort hat: Ich faste, um mehr zu wollen von diesem Jesus, der mein Bräutigam ist, dessen Ankunft ich herbeisehne und den ich über alles liebe.

Liebe? Jesus? Bräutigam? Schauen wir uns die Stelle im Zusammenhang an. Aber eine Vorbemerkung noch: Fasten ist im Kontext des Alten und Neuen Testaments vollkommen normal (auch bei den Aposteln, auch in der frühchristlichen Gemeinde). Menschen fasten einzeln und in Gruppen zu ganz unterschiedlichen Anlässen und aus verschiedenen Motiven heraus. Selbst für Jesus ist Fasten normal. So sprich er in den drei zentralen Texten über Geben, Beten und Fasten (Mt. 6) nicht über eine Option („Falls ihr irgendwann einmal auf die Idee kommen solltet zu fasten…“) sondern über eine Selbstverständlichkeit aller religiösen Menschen der damaligen Zeit („Wenn ihr fastet…“ Vers 16+17). Gleichzeitig ist Fasten stets eine geistliche Übung und nirgendwo ein Gebot, das Gott uns für einen besonders heiligen Lebensstil aufträgt. Auch heute fasten eine Unzahl von Christen nicht aus dem Motiv heraus, sich Gottes Gnade, seine Liebe und Barmherzigkeit durch eine besonders brutale Art der Selbstkasteiung zu verdienen. Auch wenn dieses Motiv in der Kirchengeschichte durchaus vorkommt. Leider. Warum fasten Christen dann? Und was ist die Antwort Jesu auf die Frage der Skeptiker? Jesus sagt: „Wie können die Hochzeitsgäste Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten.“ (Mt. 9,15). Christen verstehen sich in der Gemeinschaft der Gläubigen als die EINE Braut Christi. Sie verzehrt sich vor Liebe und Hingabe an ihren Herrn und wird am Ende der Zeiten rufen: „Komm, Herr Jesu!“. Dieser Ruf ertönt schon jetzt in den Herzen derer, die Gott suchen, ihm nachjagen und seine schreckliche Schönheit kennen. Ihr Herz ist gefüllt mit Liebe für ihn, seine Gemeinde und die Welt um sie herum. Sie sehnen sich nach ihm. Mit dem Fasten geben sie dieser Sehnsucht einen verstärkten Ausdruck. Dies meint der Begriff des Bräutigam- Fastens. Ich möchte mehr von diesem Jesus und zeige ihm durch den Mangel, dem ich mich mit voller Absicht (und ohne Abschaltung meines Verstandes!) aussetze, dass ich es wirklich ernst meine. Ein Beispiel aus der Praxis: Gerne lassen Lehrer ihre Schüler Texte lesen und ermutigen sie zum Markieren mit Textmarkern. Diese leuchtend gelben oder grünen Passagen heben die wichtigen Informationen hervor und vom Rest des Textes ab. Damit ist klar: Dieses oder jenes ist mir besonders wichtig! Gleiches gilt für das Fasten für bestimmte Gebetsanliegen (s. in der Bibel Esther, Daniel, David, Nehemia). Ich mache dadurch deutlich: Gott, es ist mir wirklich wichtig! Ich bete ernsthaft und mit Unterstützung meiner ganzen Kraft um dieses Anliegen, z.B. für Gesundheit, Schutz, Erweckung, vor Entscheidungen etc. Apropos Kraft: Durch den bewussten Verzicht auf die persönliche Stärke, ausgelöst auf den Verzicht von Nahrung, wird in meinem Innern ein stetig klingelnder Wecker installiert, der mich über den Tag hinweg in Phasen der Schwäche und des Hungergefühls erinnert: „Meine Kraft kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat!“ (Psalm 121, 2)Fasten

Die Frage nach dem Fasten ist für mich nicht eine Frage von Vernunft oder Unvernunft, sondern ein Gebot der Stunde. Ich möchte gerne die Frage zurückgeben: Willst Du mehr Jesus in Deinem Leben? Wenn ja, was bist Du bereit dafür zu tun? Feuer vom Himmel fällt stets auf Opfer. Geist Gottes wirkt in einem schwachen, zerschlagenen Herzen und er erfüllt Menschen, die sich bewusst ent-leeren um seiner Gegenwart Raum zu geben. Nein, nicht jeden Tag des Fastens spüre ich die Gegenwart Gottes gleichermaßen. Aber ich erlebe im Fasten etwas Geheimnisvolles, das sich schwer in Worte fassen lässt: Meine Liebe zu Gebet und Wort Gottes wächst. Gleiches gilt für meinen Glaubensmut. Meine Sehnsucht nach Heiligkeit im Alltag steigt. Versuchungen jedweder Art verlieren Schrecken und Kraft. Kurz: Mein Glaube wird gestählt. Und ist das nicht unser aller Sehnsucht? Und ich glaube, der Lebensstil des Betens und Fastens ist ein Gebot der Stunde, weil Gottes Wort an Aktualität nichts verloren hat: „Blast die Posaune zu Zion, sagt ein heiliges Fasten an, versammelt das Volk, heiligt die Gemeinde, […] Dann wird der Herr um sein Land eifern und sein Volk verschonen.“ (Joel 2, 15+18)

 

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