Jesus mehr lieben (2)

Die inneren Sinne

Das neue Jahr hat begonnen und damit der zweite Abschnitt meiner Reise zum Jahresziel „Ich möchte Jesus 2017 mehr lieben als 2016“. Während ich im ersten Abschnitt 14 Tage lang jeden Morgen eine Stunde Wahrnehmung in der Natur „geprobt“ habe (finde keinen besseren Ausdruck, denn dieser impliziert schon wieder, etwas „machen“ zu können), kehre ich nun morgens zu meinem geliebten Gebetsschemel zurück und übe mich 18 Tage in der Wahrnehmung meines Körpers. STOPP!

Lass mich dir das Ziel dieser Übungen klar und deutlich erklären, bevor du denkst, ich würde in esoterische Praxis abdriften… Gott stellt sich vor als ein Gott, der da ist (2.Mose 3,14). Nur ich selbst bin es meistens nicht. Auch in meiner Zeit mit Gott bin ich angefüllt mit Gedanken an Vergangenes (Erinnerungen) oder Zukünftiges (Aufgaben, Sorgen). Viel zu häufig bin ich abgelenkt, meine eigenen inneren Stimmen sind viel zu laut, als dass ich Gottes Stimme hören und seine Gegenwart wahrnehmen könnte. Und darum geht es: Ich möchte lernen zu hören und wahrzunehmen. Wenn ich Stille gelernt habe, die mich fähig macht, mich selbst wahrzunehmen, werde ich auch fähig sein, Gott wahrzunehmen und meinen Nächsten und ihm zuzuhören. Ich lerne einfach, ganz bei dem zu sein, was ich gerade tue. Ich stelle meine „inneren Sinne“ darauf ein, die Gegenwart Gottes wahrzunehmen und schaffe Bereitschaft dafür, ihn zu hören. Ich gebe IHM Gelegenheit. Dazu übe ich Folgendes:

Ich stelle meinen Wecker auf eine Zeit zwischen 20-25min und gehe in meiner Wahrnehmung zuerst für ein paar Minuten durch meinen ganzen Körper. Ich nehme ihn wahr von der Sohle, über die Gelenke bis in die Fingerspitzen und zum Kopf. Ich lausche förmlich auf meinen Körper. An manchen Tagen spüre ich eine Bleischwere, Müdigkeit, manchmal Schmerzen, Verspannungen. Oft genug werde ich von Gedanken abgelenkt. Ich nehme all das als für den Moment zugehörig an ohne es irgendwie zu bewerten . Gedanken, die kommen, lasse ich vorbeiziehen, ohne ihnen nachzugehen. Befindlichkeiten in meinem Körper lasse ich stehen. Ich erinnere mich an einen Tag, der mit irren Kopfschmerzen begann (unglücklicherweise gerade mein wöchentlicher Fastentag- zum Thema Fasten wird es einen gesonderten Beitrag geben!). Ich finde mich förmlich gefangen in meinem Kopf, alles pulsiert, ich kann fast keinen klaren Gedanken fassen. Und dann passiert etwas Wunderbares: Ich akzeptiere den Schmerz als DIESEN Moment, der jetzt da ist und ich merke, dass ich aufhöre, dagegen zu kämpfen, mit mir zu hadern. Ich lerne, dass es nicht darum geht, in meinen täglichen Wahrnehmungsübungen ein klar definiertes Ziel „erreichen zu müssen“ (à la Leistungsgesellschaft), sondern SEIN ZU DÜRFEN. Und siehe da: der Schmerz löst sich langsam auf. sunset-1207326_1280

Nach der Wahrnehmung meines Körpers, zu der ich immer wieder zurückkehren muss, weil mein „Herz davon läuft“, nehme ich meinen Atem wahr. Ich verfolge seinen Weg von den Nasenlöchern über den Mundraum, durch den Kehlkopf bis in die Bronchien und spüre den Bewegungen des Zwerchfells nach. Meistens schaffe ich in der Zeit gar nicht den ganzen Weg, denn es geht Zentimeter für Zentimeter voran. Im Schneckentempo, weil auch hier mein „Herz oft davonläuft“ (Franz von Sales). Häufig spüre ich eine wohlige innere Wärme. Ob dies mit meiner knienden Haltung, meiner Bewegungslosigkeit oder meinen geöffneten Händen zu tun hat, weiß ich nicht genau. Vielleicht auch, weil sich alles in mir sammelt. All das erfordert eine hohes Maß an….jetzt hätte ich fast „Konzentration“ gesagt. Doch dieses Wort impliziert mir erneut eine Ergebnisorientiertheit (!), es erfordert ein hohes Maß an…innerer, aufrechter Anspannung (dies ist übrigens die Bedeutung des hebräischen Wortes für „harren“- es wird hier eine Schnur beschrieben, die zwischen zwei Enden gespannt ist (G. Norwood: „Kontemplatives Gebet“, deeper Lehrabend Gebetshaus Freiburg; http://www.gebetshaus-freiburg.org/deeper-onlinelehren). Für mich bedeutet dieses Bild: ich spanne eine Schnur zwischen meinem Herzen und Gottes Herzen. So funktioniert für mich Wahrnehmung. Es ist eine äußerst aktive Sache, die nicht zum Ziel hat, mich selbst zu finden oder in mein Inneres zu lauschen, oder gar einzuschlafen oder sich im Großen Ganzen aufzulösen, sondern die zum Ziel hat, sich ganz und gar auf Gott auszurichten. Dies bedeutet es für mich, ihn mit ganzer Seele, meinem Gemüt und mit ganzer Kraft zu lieben (Markus 12, 30). Dabei erziele ich keine Erfolge durch schnelles Tempo, sondern durch Gründlichkeit und Beständigkeit. Und ich mache eine wichtige Erfahrung: Jede Stunde, die ich in Gottes Gegenwart bzw. in der Ausrichtung auf ihn verbringe, stärkt mich und macht mich wohlriechender für die Menschen um mich herum. Meine Menschenfurcht schwindet. Ich lerne fröhlich und offen über meinen Glauben zu reden, in der Öffentlichkeit für und mit Menschen zu beten und ich frage mich nach dem Grund. Hier ist er: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Wer die Nähe Gottes sucht, der trägt seine Gegenwart in sich und damit zu den Menschen.

Ach, und natürlich gibt es noch diesen kritischen Einwand: Hier ist jemand, der eine Gerechtigkeit durch Werke und Leistung verkündet. Lass mich dir so viel sagen: Hier geht es nicht um den Verdienst der Gande Gottes, sondern um das Voranschreiten auf dem Weg der Heiligung. So oft in diesen Tagen hab ich mich schwach, mutlos und erschöpft gefühlt und alles andere als in der Lage, Gott zu suchen oder auch nur würdig zu sein, vor sein Angesicht zu treten. Dies sind Augenblicke, in denen ich mir meiner Bedürftigkeit der Gnade Gottes mehr als sonst bewusst bin. Er ist es, der alles tut: das Wollen und das Vollbringen. Mein Wunsch ist es, der Gnade Gottes und seiner Liebe in meinem Leben Beine zu machen. Ich möchte sie nicht nur theoretisch wissen, sondern handfest erleben und darin zunehmen (Johannes 3, 30), damit Christus in mir Gestalt gewinnt (Galater 4, 19). Mein Weg ist der Weg meiner Liebe zu Gott und nicht umgekehrt. Und Anstrengungen, die aus Liebe geschehen, sind niemals schlecht.

Bildnachweis: https://pixabay.com/de/sonnenuntergang-frieden-einsamkeit-1207326/

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