„Frank, du bist ja ein Mystiker!“ Diese Worte hab ich in den letzten Monaten öfters zu hören bekommen „Ach du Schreck“, war meine erste Reaktion in Erwartung einer Standpauke (wegen zu weltfremd, zu abgehoben, zu katholisch, usw).
Und so wird dieser Begriff in der Tat ganz unterschiedlich verwendet. Wirklich: Meine Lektüre bestand seit den Sommerferien fast ausschließlich aus einem Berg so genannter christlicher Mystik mit dem Schwerpunkt des kontemplativen Gebets, das ich für mich entdecken durfte. In der Ev. Landeskirche und dem schwäbischen Pietismus groß geworden, mit einer Baptistin verheiratet und von Herzen in einer Ev. Freikirche zu Hause, war mir der geistliche Schatz der christlichen Mystiker nicht bekannt sondern eher suspekt. Man schätzte das „Bodenständige“, man kannte sich theologisch aus, wusste das „Richtige“ und schließlich war man erlöst. Das war doch die „Hauptsache“. Einen echten Durchbruch in meinem Glaubens- und Gebetsleben erfuhr ich jedoch nicht. Mein Glaube blieb stehen an der Schwelle vom Bescheid wissen zur Erfahrung und zur Liebe. Glaube war für mich lange schon ohne Faszination des Heiligen. Und dabei blieben viele wichtige Fragen für mich als Christ unbeantwortet: Was bedeutete es „in Christus zu bleiben“ (s. Weinstock Joh. 15)? Wie wurde konkret, dass „Christus in mir lebte“ (Gal. 2,20) und ich der „Tempel des Heiligen Geistes“ war (1.Kor.6,19)? Wie konnte es Wirklichkeit werden, was Paulus „das Anschauen der Herrlichkeit Christi“ nannte (2. Kor.3,18) und wie geschah die dort beschriebene „Verwandlung“? Warum erinnert der Psalmist Gott an seine eigenen Worte, man solle „sein Angesicht suchen“ (Ps. 27,8)? Warum war es „Glück, Gott nahe zu sein“ (Ps.78)? Immer wieder stieß ich auf das kontemplative Gebet und die Klassiker der christl. Mystik, die ich in den letzten Wochen schließlich intensiv studiert und „ausprobiert“ habe. Und ich ahne, was es bedeutet, wenn der berühmte Theologe Karl Rahner sagt: „Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erlebt hat, oder er wird überhaupt nicht mehr sein.“ (zit.nach Brennan Manning: „Die unbändige Liebe Gotte“s): Ein Glaube, der nur das Richtige weiß, bleibt im besten Fall kalt, im schlimmsten Fall rechthaberisch und gesetzlich. Ein Glaube, der sich ausstreckt, mehr Gemeinschaft mit Gott zu haben, bleibt wach, weil suchend. Er streckt sich aus, mehr zu lieben und geliebt zu werden. Das betrachtende weil liebende Gebet, Gott um seiner selbst willen zu suchen, führt gleichermaßen zu einer Veränderung des Herzens und des Sinnes. Des Herzens, weil Gott mich tatsächlich berührt. Des Sinnes, weil sein Geist zu meinem Geist spricht. Erkenntnis, Liebe, Hoffnung, Glaube, Zuversicht, Mut zur Tat- all das erwächst aus einem Lebensstil des Gebets, der die stille Zeit buchstäblich(!) in den Alltag zu integrieren weiß. Es gibt keine kostbarere Zeit als die Zeit in der Gegenwart dessen, den du über alles zu lieben gelernt hast. Und lernen ist möglich. Ich habe festgestellt, dass es gibt so etwas wie einen „inneren geistlichen Muskel“, der an Stärke gewinnt, je öfter man sein Herz in die Gegenwart Gottes/Christi bringt. Fast alle diese Bücher sind dabei sehr hilfreich. Häufig beschreiben sie dieselben Dinge und Erfahrungen mit anderen Worten. Deswegen noch einmal im Einzelnen.
Johannes vom Kreuz: „Die dunkle Nacht“ (Ein richtiger Brocken. Du willst wissen, welche Chancen und Risiken Gebet bergen kann? Dann ist dies der richtige Reiseführer dafür).

Thomas von Kempen: „Nachfolge Christi“ (Mittlerweile mein tägliches Andachtsbuch. Jeden Tag ein kurzes Kapitel. Jedes davon voll auf die zwölf. Du willst wissen, wie Nachfolge geht? Voilà! Aber Vorsicht: In unserer modernen Welt seeeehr unbequem!)
Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers: Eine anonyme Schrift des 19. Jh., die sich in leidenschaftlicher Weise mit dem Thema des „immerwährenden Gebets“ oder auch „Jesusgebet“ auseinandersetzt. In Erzählform.
Andreas Schmidt: Bleibt in mir- kontemplativ leben im Alltag. Wie der Titel schon sagt, ein wertvoller Ratgeber zum usual business. Das, womit ich aufgrund meiner protestantischen Überzeugung/Sozialisation nicht so viel anfangen konnte, habe ich ohne schlechtes Gewissen schon wieder vergessen…
Karin Seethaler: Die heilende Kraft der Kontemplation. Ein stark seelsorgerlich ausgerichtetes Buch über die Veränderungen, die durch die Kontemplation persönlich beobachtet werden können. Fand ich bisjetzt wenig hilfreich.
Ich weiß, da fehlen noch Bücher (Seelenburg, Karmel…). Aber ich bin ja auch noch am Anfang…
Bildnachweis:
(1) http://vulgata.info/index.php/Kategorie:Nachfolge_Christi)