Warum der Tod meines Smartphones meine Rettung ist.
Vor ein paar Tagen starb mein iPhone – es ruhe in Frieden – einen plötzlichen und nassen Tod in der Flensburger Förde.
Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich die Vorzüge der digitalen Welt schätze, nicht zuletzt die Vernetzung aller Geräte mit dem Apfel. Was sind es auch für wunderbare Hilfsmittel, Werk- und Spielzeuge! Und doch: Dieser „Unfall“ ist mehr für mich als der Verlust eines lieb gewonnenen Gerätes. Ich habe etwas lang verlorenen Geglaubtes wiedergefunden: die Schönheit der Stille und die Freiheit eines selbstbestimmten Lebens, das nicht mehr abhängig ist vom digitalen Diktat unserer Gesellschaft. Denn ganz allmählich, ummerklich fast, bin ich fast zu dem geworden, vor dem ich mich am meisten gefürchtet habe: ein Sklave unter einem Tyrannen, der sehr subtil mein Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst hat. Beispiel gefällig? Der Nachrichtendienst Whats App heischt ständig nach Aufmerksamkeit, Videos und soziale Netzwerke wollen „nur eben mal angesehen und geschickt werden, sie sind sogar Teil meines Belohnungssystems, und auch trotz relativer Disziplin schleicht sich ein Gefühl von Fremdbestimmung ein. Aber:
Wer mich kennt, weiß, wie wichtig mir ein Leben aus dem Gebet ist. Mehr noch – ich habe die Sehnsucht nach einem kontemplativen Leben, das aus der Stille und der Intimität mit Jesus geprägt ist. Dieses erfährt jedoch entschieden zu viel Input und Ablenkung durch das Smartphone. Dabei ist mein Leben doch schon laut genug! Ich bin nicht bereit, auf Dauer diesen Preis zu zahlen. Das bedeutet, dass ich in Zukunft auf viele Annehmlichkeiten verzichten muss. Vieles muss neu organisiert werden. Entschleunigung hat ihren Preis – und braucht nebenbei ein anderes Handy (mein Entschluss: die Rückkehr zum Tastenhandy, einem neuen Feature- Phone). Mails, soziale Netzwerke und Nachrichtendienste werden in Zukunft nur noch vom Schreibtisch aus bedient, die Uhrzeit wird von der Armbanduhr abgelesen und der alte Radiowecker tut bereits quäkend seinen Dienst. Mir noch: Mein lieb gewonnenes Notizbuch hat analoge Geschwister in Form von Kalender und Adressbuch bekommen. Aber ist Digitaler Detox einfach angesagt oder schlimmer noch- Ausdruck der Krise eines Nicht-mehr-Dreißigers? Unsere Gesellschaft braucht Männer und Frauen, die ihre Attraktivität aus der Gegenwart Gottes beziehen. Diese Gegenwart ist ein hart umkämpftes Gut. Wer nicht gelernt hat, die Einsamkeit zu suchen und zu schätzen, wird untergehen im Strudel dieser Welt. Christen sind seit jeher aufnahmefähige Menschen, mitfühlend, mithörend, mitdenkend und emphatisch. All das ist jedoch zunehmend schwierig geworden. Den Geruch Christi verströmt jedoch nur, wer Gelegenheit hat, regelmäßig in seiner Nähe zu verweilen. Wenn ich also feststelle, das ein gesellschaftlicher Trend (und das Smartphone ist längst ein solcher!) mir den Genuss Gottes streitig machen, muss der Trend dran glauben. Sorry.
Die Bibel spricht davon, dass wir unser Herz mit aller Kraft behüten sollen (Sprüche 4, 23) und dass Gott Gefallen hat am „Herzensschmuck des verborgenen Menschen“ (1. Ptr. 3, 4). Es gibt diesen inneren Menschen, den heiligen Ort voller Schönheit und Duft, meinen Garten. Ihn möchte ich vor allen Dingen pflegen, damit Gott sich an seinen Früchten erfreut (Hohelied 4,16). Das erfordert manchmal Opfer an Zeit, Geld und Prioritäten. Verzicht ist biblisch. Stille und Wüste auch. Es sind Orte der Re-Fokussierung auf das Wesentliche. Deswegen freue ich mich über den digitalen Tod, weil dieser meine Rettung ist.
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